Rotorblätter der nächsten Generation testen
Mit einer Länge von über 120 Metern sind Rotorblätter für die Leistungsfähigkeit, die Zuverlässigkeit und die Kosteneffizienz von Windenergieanlagen entscheidend. Die Investitionen in die Qualitätssicherung der Rotorblattentwicklung sind darum essenziell. Mit dem neuen Rotorblattprüfstand erweitert das Fraunhofer IWES sein Testportfolio und passt sich den aktuellen Anforderungen von Herstellern von Komponenten für Windenergieanlagen an und stellt somit den Schulterschluss von angewandter Forschung und Industrie sicher. Neuartige Konzepte für Rotorblätter, aber auch Rotorblattkomponenten, können am IWES vielseitige Prüfungen durchlaufen, bevor sie in Serie produziert werden. Weltweit geht das bisher in diesem großen Maßstab nur auf dem neuen Rotorblattprüfstand 115m+ des Fraunhofer IWES.
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck: »Die Windenergie ist eine der zentralen Stromquellen in Deutschland. Damit die zukünftig noch weiter steigenden Bedarfe an grünem Strom gedeckt werden können, bedarf es eines effizienten und kostenoptimalen Ausbaus der Windenergienutzung. Forschung und Entwicklung sind elementare Bestandteile des Weges, der vor uns liegt: Innovationen und Optimierungen sorgen für weitere Kostensenkungen und Weiterentwicklungen helfen dabei, die zur Verfügung stehenden Flächen an Land und auf See so effizient wie möglich zu nutzen. Prüfmöglichkeiten für innovative Anlagenentwicklungen sind dabei von zentraler Bedeutung für die Umsetzung der Energiewende und für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Das Fraunhofer IWES leistet mit seiner Arbeit und dem neuen Prüfstand hier einen wichtigen Beitrag. Öffentliche Investitionen in die Forschung und Entwicklung der Windenergie werden sich in Zukunft doppelt auszahlen – deshalb dürfen wir hier nicht nachlassen.«
»Das IWES und das Know-how der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen großen Anteil daran, dass sich Bremen und vor allem Bremerhaven wieder als Windenergiestandort etablieren können. Das ist gut für die Arbeitsplätze und gut für die Energiewende. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir in die nationale Forschung und Entwicklung massiv investieren. Unser Ziel muss sein, die Kosten für die regenerative Energiegewinnung weiter zu senken und innovative Technologien für die Energiewende zu nutzen«, ergänzt Bürgermeister Andreas Bovenschulte.
Senatorin Claudia Schilling fügt hinzu: »Die Windenergieforschung am IWES ist nicht nur für die nationale Energiewende von großer Bedeutung, sie ist auch für eine Erstarkung der Industrie in Bremerhaven wichtig. Investitionen in Forschungsprojekte schaffen auch Arbeitsplätze und stärken die regionale Wertschöpfung. Sie steigern Bremerhavens Attraktivität als Forschungsstandort und sind wichtige Anreize für ein langfristiges wirtschaftliches Wachstum in Bremerhaven.
Prof. Axel Müller-Groeling, Vorstand für Forschungsinfrastrukturen und Digitalisierung der Fraunhofer-Gesellschaft, erklärt anlässlich der Einweihung: »Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler forschen intensiv daran, die Transformation unseres Energiesektors in Richtung einer nachhaltigen, von fossilen Energieträgern unabhängigen Zukunft voranzutreiben. Dabei kommt dem kurz- und mittelfristigen Ausbau und der konsequenten Weiterentwicklung der Windkraft eine entscheidende Rolle zu. Der neue Prüfstand des Fraunhofer IWES wird einen wichtigen Beitrag leisten, die effiziente Nutzung der Windenergie weiter zu optimieren und dadurch die Position des Wirtschaftsstandorts Deutschland als Spitzenreiter bei klimafreundlichen Technologien zu stärken.«
»Es besteht ein rasantes Tempo in der Technologieentwicklung und Optimierungen von Rotorblättern. Diese werden anderswo schneller umgesetzt. Wir müssen jetzt sicherstellen, dass die Windenergieindustrie bestmöglich aufgestellt ist, um die Offshore-Ausbauziele umzusetzen. Unsere Wissenschaftler*innen leisten dafür einen wichtigen Beitrag, indem sie wissenschaftliche Methodenkompetenz anwenden und eine passende Testumgebung schaffen, um die großmaßstäbliche Produktion in der Industrie auf den Weg zu bringen. Forschung ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft, und nach wie vor auf eine solide Finanzierung - auch aus Fördermitteln - angewiesen«, sagt Prof. Andreas Reuter, Institutsleiter, Fraunhofer IWES.
Testmethoden des neuen Rotorblattprüfstands 115m+
Der moderne Prüfstand bietet umfassende Testmöglichkeiten für Rotorblätter mit einer Länge von mehr als 115 Metern. Diese Blattlängen werden speziell für Offshore-Windenergieanlagen entwickelt. Hersteller können neben biaxialen Ganzblatttests auch nur einzelne Teilsegmente eines Rotorblattes prüfen. Der modulare und umrüstbare Aufbau des Prüfstandes ermöglicht den Wissenschaftler*innen des Fraunhofer IWES hierbei, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und intelligente Testmethoden weiterzuentwickeln. Konventionelle Testmethoden werden mit neuen Ansätzen kombiniert. Zudem kann das gesamte Materialverhalten der Rotorblätter getestet werden. Mithilfe segmentierter und sequenzieller Tests kann ein Rotorblatt in passende Segmente unterteilt werden, die optimiert und nacheinander getestet werden können. Der gesamte Prüfstand kann auch virtuell abgebildet werden und schafft somit Testmöglichkeiten für viele weitere innovative digitale Prüfmethoden.
»Die Entwicklung unserer neuen Windenergieanlage ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die ambitionierten Ausbauziele für die Windenergie zu erreichen. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit dem Fraunhofer IWES den für uns notwendigen Rotorblatttest unseres Prototypen V236-15.0 MW™ mit einem Rotordurchmesser von 236 Metern durchzuführen, damit wir gesichert in die für 2024 geplante Serienproduktion starten können«, erläutert Christian Fenselau, Chief Specialist Test and Validation, Vestas Wind Systems A/S.
Steffen Czichon, Abteilungsleiter Rotorblätter, Fraunhofer IWES, betont: »Wir blicken hier in Bremerhaven auf Erfahrungen aus über 40 Prüfkampagnen in den letzten zehn Jahren zurück. Mit unserer Kompetenz tragen wir dazu bei, dass Rotorblätter über ihre gesamte Lebensdauer von über 20 Jahren zuverlässig betrieben werden können. Der neue Prüfstand ergänzt die bestehende Testinfrastruktur und eröffnet neue Möglichkeiten, mit denen wir dem Größenwachstum der Windenergieanlagen gerecht werden können. Das IWES hat einen biaxialen Testaufbau entwickelt, der eine synchronisierte Anregung in Schwenk- und Schlagrichtung ermöglicht. Dadurch werden reproduzierbare Ergebnisse erzielt und die Testzeit kann deutlich verkürzt werden. Wir sind stolz auf unseren neuen Prüfstand und gleichzeitig motiviert, die Testmethoden ständig zu verbessern.«
Mit dem neuen Prüfstand betreibt das IWES jetzt insgesamt drei Testanlagen für Rotorblätter, die alle verkehrsgünstig an der deutschen Küste mit offenem Meerzugang für den Transport liegen. Daneben verfügt das Institut noch über ein nach DIN EN ISO/ IEC 17025 akkreditiertes Labor für IEC 61400-23 Zertifizierungen sowie ein anerkanntes IECRE Prüflabor.
Verteilung der Fördermittel:
Hallenbau: BMBF, Land Bremen und EFRE rund 5 Mio. EUR
Prüfstandbau: BMWK rund 18 Mio. EUR
Ansprechperson Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES
Projektkoordination, Dr.-Ing. Steffen Czichon, Abteilungsleiter Rotorblätter
Telefon: +49 471 14290-383
E-Mail: steffen.czichon @ iwes.fraunhofer.de
www.iwes.fraunhofer.de
Fraunhofer IWES
Das Fraunhofer IWES sichert Investitionen in technologische Weiterentwicklungen durch Validierung ab, verkürzt Innovationszyklen, beschleunigt Zertifizierungsvorgänge und erhöht die Planungsgenauigkeit durch innovative Messmethoden im Bereich der Wind- und Wasserstofftechnologie. Derzeit sind mehr als 300 Wissenschaftler*innen und Angestellte sowie über 100 Studierende an neun Standorten beschäftigt: Bochum, Bremen, Bremerhaven, Görlitz, Hamburg, Hannover, Leer, Leuna und Oldenburg.
Fraunhofer-Gesellschaft
Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirkt sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Etwa 30 800 Mitarbeitende, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolumen von rund 3,0 Mrd. €. Davon fallen 2,6 Mrd. € auf den Bereich Vertragsforschung.
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