Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE zur Auftragsvergabe der Offshore- Konverterplattformen LanWin 1 + 3 an deutsch-spanisches Konsortium

Berlin/Hamburg, den 10. Januar 2023 „Zunächst möchten wir Amprion Offshore und Siemens Energy zum erfolgreichen Vertragsabschluss gratulieren. Konverterplattformen sind ein neuralgischer Punkt der deutschen Offshore-Ausbau-Ambitionen. Die Dragados-Werft in Spanien ist zurzeit die Einzige in Europa, die aufgrund der Dimensionen in der Lage ist, die zukünftige Generation an 2-GW-Konverterplattformen für Amprion zu produzieren. Dass letztlich die Vergabe dieses energie-, industrie- und sicherheitspolitisch relevanten, milliardenschweren Auftrages an ein europäisches Konsortium und einen europäischen Standort möglich war, ist daher eine gute Nachricht.

Im Hinblick auf unsere zukünftige Energiesicherheit blicken wir jedoch auch sorgenvoll
auf das Ergebnis.


Nur einen einzigen Standort in ganz Europa für die Fertigung von 2GWKonverterplattformen
zu haben, ist kein gutes Zeichen für unsere geplante
Energiewende, die zu einem großen Teil vom geplanten Ausbau der Offshore-
Windenergie abhängt. Vor allem dann nicht, wenn man sich den bereits heute
massiven, zukünftig weiter anwachsenden Konkurrenzdruck um knappe
Produktionsfaktoren vergegenwärtigt, den die stetig anwachsenden Offshore-
Ausbauziele anderer Länder bedeuten.


In den letzten Monaten hat es intensive Bemühungen gegeben, in Deutschland wieder
eine Produktionsstätte zu schaffen, die ebenfalls die Bedingungen zum Bau dieses
entscheidenden Puzzleteils der deutschen Offshore-Wind-Ambitionen erfüllt.
Mit der Werft in Rostock-Warenmünde gibt es einen optimalen Standort, an dem in
Ko-Nutzung mit dem Marinearsenal der Bundeswehr bis zu drei Plattformen
gleichzeitig produziert werden könnten. Mit dem belgischen Unternehmen Smulders
gibt es einen Spezialisten, der das Knowhow und die Finanzkraft mitbringt, um dies
umzusetzen. Vom Land Mecklenburg-Vorpommern gibt es große politische
Unterstützung und substanzielle Angebote an das Bundesministerium für Verteidigung,
um sowohl die Bedürfnisse der Nationalen Sicherheit wie auch der Energiewende zu
erfüllen.


Dass eine Einigung bisher dennoch nicht erzielt werden konnte, ist auf Basis der
Faktenlage völlig unverständlich, da die Fertigungskonzepte auch unter
Berücksichtigung der vorliegenden sicherheitspolitischen Anforderungen des
Bundesverteidigungsministeriums eine Win-Win-Situation ermöglichen würden.
Im Ergebnis ist der Werft in Rostock-Warenmünde heute ein milliardenschwerer
Auftrag mit dem einhergehenden Industrie-, Zulieferer- und Wissenspotenzial
entgangen. Das ist nicht nur, aber auch für die ostdeutsche Wirtschaft beklagenswert.

Darüber hinaus ist klar: die deutschen und europäischen Ausbau-Ambitionen werden
mit nur einer europäischen Werft im 2-GW-Konverterplattformbau keinesfalls erreicht
werden können. Wir brauchen aus energie- und sicherheitspolitischen Gründen mehr
Standorte – und wir brauchen sie schnell. Rostock-Warnemünde bietet die besten und
in Deutschland die einzigen Rahmenbedingung dazu.
Mit dem Blick nach vorne hoffen wir, dass die heutige Bekanntmachung nochmal
eindrücklich illustriert, welche Chancen die Energiewende der deutschen Wirtschaft
bieten kann – und welche Deutschland hier sehenden Auges verstreichen lässt. Gegen
Ende Q1 werden erneut großvolumige Aufträge – dieses Mal durch den
Übertragungsnetzbetreiber TenneT – vergeben. Vor diesem Hintergrund, aber auch
aufgrund der europaweit und global mehr als vielversprechenden Auftragslage für
Netzanbindungssysteme, ist auch Smulders – wie uns bekannt ist – weiterhin an einer
Realisierung einer konstruktiven Kooperation am Standort Rostock-Warnemünde
interessiert.
Wir hoffen, dass die daraus entstehende 2. Chance genutzt wird und werden uns dafür
weiter einsetzen!“
Karina Würtz
(Geschäftsführerin der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE)

Hintergrund
Heute haben die Amprion Offshore GmbH und Siemens Energy den weltweit ersten
erfolgreichen Vertragsabschluss für den Bau von zwei Offshore-Konverterplattformen
der neuen 2-GW-Generation bekannt gegeben, die in Deutschland ab Ende der 2020er-
Jahre Windparks auf See an das deutsche Übertragungsnetz anschließen sollen. Der
bisherige Leistungsstandard liegt bei 900 MW.
Insbesondere bei den weiter vom Land entfernten Parks in der Nordsee, muss in
Konverterstationen eine Umwandlung des produzierten Wechselstroms in Gleichstrom
erfolgen, um Leistungsverluste zu minimieren. Über Gleichstromleitungen erfolgt der
Transport an Land. Bereits heutige liegen deutsche Offshore-Windparks bis zu 120km
vor der Küste.


Der Bau und das elektrotechnische Outfitting der zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen
schweren Stahlgiganten erfordert Platz, Knowhow, Infrastruktur und Kapital. In
Deutschland wurde der Konverterbau aufgrund von mangelnder Nachfrage aufgrund
der politisch herbeigeführten Unterbrechung des Offshore-Ausbaus 2018 eingestellt.
Durch die neuen Ausbauziele der Bundesregierung (30 GW bis 2030, 40 GW bis 2035,
70 GW bis 2045) sowie globaler Ausbau-Bestrebungen fast aller relevanten
Küstenländer entsteht nun in den kommenden Jahren wieder ein enormer Bedarf an
Produktionskapazitäten, die weder national noch international zurzeit vorhanden sind.
Produktionsstandorte für Konverterplattformen sind dabei aufgrund der Größe und
spezifischen Anforderungen besonders selten, was sie zu einem entscheidenden
Nadelöhr werden lässt.

In Europa gibt es Stand heute zurzeit mit der Dragados-Werft in Spanien nur einen
Standort, der die zukünftige Generation an 2-GW-Konverterplattformen fertigen kann.
Auch im Bereich des konventionellen Konverterplattformbaus gibt es ein begrenztes
europäisches Angebot, sodass Aufträge zuletzt nach Indonesien, Singapur oder China
vergeben werden mussten.


Mit Blick auf die weltweiten Ausbaubestrebungen wird sich jedoch nicht nur die Frage
stellen, ob eine Auftragsvergabe in diese Länder und ein Schleppen der Stahlkolosse bis
in die Nordsee klima-, industrie- und wirtschaftspolitisch sinnvoll ist, sondern, ob dies
aufgrund überhaupt noch möglich sein wird. Bereits heute zeigt sich, dass asiatische
Standorte zunehmend nicht mehr zur Verfügung stehen.


Mit Blick auf den Platz, die Verfügbarkeit, die infrastrukturellen Rahmenbedingungen,
das vor Ort vorhandene Knowhow und den Ertüchtigungsbedarf bietet die Werft in
Rostock-Warnemünde europaweit die besten Möglichkeiten, um schnellstmöglich für
den Konverterplattformbau genutzt werden zu können.


Hier hat die Insolvenz der MV-Werften vergangenes Jahr ein einmaliges
Opportunitätsfenster für die Offshore-Energiewende geöffnet, den Standort erneut für
den Konverterbau zu gewinnen. Mit dem belgischen Unternehmen Smulders und
französischen Eiffage-Gruppe stand ein Interessent bereit, der das Knowhow zur
Umsetzung mitbringt.
Nach der Übernahme des

Werftgeländes durch die Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben im Sommer 2022 und eine anschließende Verpachtung an das
Marinearsenal der Bundeswehr wurden ab September Gespräche zwischen
Bundesministerien und dem Land Mecklenburg-Vorpommern zu einer möglichen Ko-
Nutzung des Werft-Geländes aufgenommen. Im Ergebnis könnte der Konverterbau im
Südteil angesiedelt werden, während das Marinearsenal im Nordteil der Werft bereits
angesiedelt ist.


Trotz ausgereifter Konzepte und Zugeständnisse zu einem sicheren und
beeinträchtigungsfreien Parallelbetrieb, konnte bisher keine Einigung erzielt werden.
Eine Einigung bis Ende letzten Jahres hätte es Smulders ermöglicht, an der
Ausschreibung für LanWin 1+3 durch Amprion mit dem Rostocker Standort
teilzunehmen.


Seitens der Offshore-Windenergie sind Bedarf und Interesse an einer Einigung weiter
ungebrochen. Eine Markterweiterung für Fertigungskapazitäten in der EU wäre aus
Aspekten der Resilienz und energiepolitischen Unabhängigkeit Produktion nicht nur
alternativlos, wenn die Ausbauziele erreicht werden sollen, sondern auch
sicherheitstechnisch hochgradig relevant, wenn das sensible elektrotechnische
Outfitting nicht in geopolitisch bedenklichen Regionen stattfinden soll.
Die PM von Amprion Offshore finden Sie hier.
Die PM von Siemens Energy finden Sie hier.


Über die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE
Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE wurde 2005 zur Förderung des Umwelt- und
Klimaschutzes durch eine verbesserte Erforschung und Entwicklung der Windenergie auf See gegründet. Sie hat sich als eine überparteiliche, überregionale und
unabhängige Einrichtung zur Unterstützung der OFFSHORE-WINDENERGIE in
Deutschland und Europa etabliert. Die Stiftung ist Kommunikationsplattform für
Akteure aus Politik, Wirtschaft und Forschung, dient dem Wissensaustausch und
versteht sich als Ideengeber. Gleichzeitig bündelt sie die verschiedenen Interessen und
vertritt sie gegenüber Politik, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Wissenschaft. Im
Stiftungskuratorium sind sowohl wichtige Bundes- und Landministerien für den
Offshore-Wind-Bereich wie auch Betreiber, Hersteller, Übertragungsnetzbetreiber,
Zulieferer, Banken und Versicherungen vertreten.