16. Windforce Conference: Die deutsche Offshore-Wind-Lieferkette benötigt einen kurzfristigen Impuls

Bremerhaven, 3. September 2020 – Die in weiten Teilen mittelständisch geprägte Offshore-Wind-Industrie in Deutschland steht vor einer paradoxen Situation: Einerseits steht die Branche mit dem „European Green Deal“, den Plänen der Bundesregierung bis 2040 und den ambitionierten Ausbauplänen in Großbritannien und anderen Märkten vor sehr guten langfristigen Perspektiven. Andererseits werden zahlreiche kleine und mittlere Firmen durch die anhaltende Ausbaulücke durch politische Entscheidungen aus dem Markt gedrängt. Deshalb nutzte der Windindustrieverband WAB e.V. als Stimme der Zulieferkette die Bühne der 16. Internationalen WINDFORCE Conference, um die Bundesregierung an ihr Versprechen eines „Sonderbeitrags Offshore“ zu erinnern. Zu dieser Konferenz kommen am 3. und 4. September 250 Expertinnen und Experten der Windkraft auf See – unter strengen Corona-Hygieneregeln – in der Bremerhavener Stadthalle zusammen.

„Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung das Ausbauziel für 2040 auf 40 GW angehoben hat“, sagt WAB e.V.-Geschäftsführerin Heike Winkler. Das schaffe Planungssicherheit für Projekte und Unternehmen, fügt sie hinzu. „Von dieser langfristigen Perspektive können Unternehmen allerdings nur profitieren, wenn sie die nächsten fünf Jahre mit dem geringen Ausbauvolumen in Nord- und Ostsee überstehen und ihre qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten können“, so Winkler. „Während in anderen Märkten angesichts der technischen Fortschritte und der gesunkenen Stromgestehungskosten von Offshore-Wind Aufbruchstimmung herrscht, haben wir hierzulande eine Vielzahl von Insolvenzen, Abwanderungen und strategische Neuausrichtungen zu beklagen“, sagt die WAB-Geschäftsführerin. Es sei industriepolitisch fatal, dass die Bundesregierung ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag noch immer nicht umgesetzt habe und in den nächsten Jahren Netzkapazitäten in der Nordsee ungenutzt lassen wolle, womit sie den Heimatmarkt für innovative Mittelständler schwäche. „Diese freien Kapazitäten und schnell umsetzbare Projekte im Küstenmeer sollten jetzt in Form von intelligenten Sofortmaßnahmen sofort ausgeschrieben werden“, sagt Winkler.

„Wir benötigen den im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarten Sonderbeitrag Offshore jetzt, weil wir den qualifizierten Kolleginnen und Kollegen der Branche nicht sagen können: ‚Machen Sie sich keine Sorgen, in fünf Jahren werden Sie wieder Arbeit haben‘“, bekräftigte auch  Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. Nach dem Kohleausstieg und der Vereinbarung von Zielen für Offshore-Wind gehe es jetzt darum, zu konsequenten Maßnahmen zu kommen. „Die WINDFORCE Conference sendet dafür ein wichtiges Signal“, so der Minister.

WAB e.V.-Vorstandsvorsitzende Irina Lucke meldete für die anstehende Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes Nachbesserungsbedarf an. Wie die überwiegende Mehrheit der Branche lehnt sie den Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums ab, eine „2. Gebotskomponente“ einzuführen. Diese würde sich negativ auf die Stromgestehungskosten sowie auf die Realisierungswahrscheinlichkeit von Projekten auswirken und die Akteursvielfalt weiter verringern. Sie spricht sich für die Einführung von Differenzverträgen aus.

Als positiven Schritt bewertet die WAB die nationale Wasserstoffstrategie. Durch ihren Beschluss ergeben sich weitere technisch und wirtschaftliche positive Perspektiven für die Windbranche, sobald der regulatorische Rahmen steht. Mehrere Redner betonten den großen Bedarf an „grünem“ Wasserstoff, unter anderem für die Dekarbonisierung von industriellen Prozessen und für die Mobilität.

Die Chancen, die sich für die Windindustrie durch den „European Green Deal“ der Europäischen Kommission ergeben, betonte Giles Dickson, CEO des europäischen Windverbands WindEurope, in seinem Redebeitrag. Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten müssten jedoch ambitionierter vorangehen, um von derzeit 23 Gigawatt Offshore-Wind in Europa bis 2050 auf die geplanten 450 Gigawatt zu kommen. Er hob zudem die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Planung und Umsetzung künftiger Offshore-Wind-Projekte in Europa hervor.

Auch Stephen Wyatt, Forschungsdirektor von ORE Catapult, das britische Innovations- und Forschungszentrum für Offshore-Wind, hob in seiner Keynote-Ansprache die Vorteile der Zusammenarbeit in Europa beim Ausbau der Offshore-Windenergie hervor – unabhängig vom Brexit. Großbritannien ist in diesem Jahr offizielles Partnerland der 16. WINDFORCE Conference. Deutschland und Großbritannien zählen derzeit zu den führenden Offshore-Wind-Märkten: Aktuell sind über 80 Prozent der Offshore-Wind-Erzeugungskapazität der Nordsee in deutschen und britischen Gewässern errichtet. Die diesjährige WINDFORCE Conference bietet eine Plattform, um die Zusammenarbeit zu intensivieren und so den Fokus auf Skaleneffekte und weitere Kostensenkungen zum Nutzen beider Länder zu forcieren.

Über den WAB e.V.

Die WAB mit Sitz in Bremerhaven ist bundesweiter Ansprechpartner für die Offshore-Windindustrie, das Onshore-Netzwerk im Nordwesten und fördert die Produktion von „grünem“ Wasserstoff aus Windstrom. Dem Verein gehören mehr als 250 kleinere und größere Unternehmen sowie Institute aus allen Bereichen der Windindustrie, der maritimen Industrie sowie der Forschung an. www.wab.net

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Hans-Dieter Sohn | Senior Communications and Marketing Manager WAB e.V. | +49 173 2382802 | hans.sohn @ wab.net

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