„Die Offshore-Branche hat das Ausbauziel für das Jahr 2020 erwartungsgemäß erfüllt und ist längst zu einer tragenden Säule der Energiewende geworden. Offshore-Windenergie ist zuverlässig und wettbewerbsfähig. Sie ist ein wichtiger Wirtschaftstreiber und wird auch bei der Erreichung der erst kürzlich erhöhten Klimaziele Deutschlands eine Schlüsselrolle einnehmen. Allerdings haben sich bereits einige Marktteilnehmer aus der Offshore-Windbranche verabschiedet oder ihren Standort aus Deutschland ins Ausland verlagert. Zurückzuführen ist dieser Umstand auf die international zunehmenden Vorgaben, die einen Anteil der Wertschöpfung in nationalen Märkten verlangen, sowie auf die fehlende Aussicht auf Offshore-Wind-Bauaktivitäten in Deutschland in diesem Jahr. Einer solchen Entwicklung darf die deutsche Politik nicht länger zusehen. Es braucht einen zügigen industriepolitischen Impuls“, kommentieren die Branchenorganisationen BWE, BWO, Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, VDMA Power Systems und WAB die Situation der Branche.
„Um die Technologieführerschaft des Windindustrie-Standorts Deutschland beizubehalten und auch in Zukunft für inländische Wertschöpfung und Beschäftigung zu sorgen, muss der Ausbau neu entfacht und in einer klaren Linie verstetigt werden. Ab Mitte und vor allem gegen Ende der Dekade erwartet die Branche einen verstärkten bis sehr starken Zubau. Diesem Ungleichgewicht sollte unbedingt rechtzeitig entgegengesteuert werden. Weiterhin wichtig bleibt auch die Beschleunigung der Netzausbaumaßnahmen an Land und die bessere Auslastung der Bestandsnetze. Vor dem Hintergrund der durch den Bundestag präzisierten Klimaziele reichen die bisherigen Offshore-Ausbauziele nicht mehr aus. Es braucht Zielanpassungen für 2030 und 2040“, erklären die Branchenorganisationen weiter.
Beschäftigung erhalten und Marktdesign weiterentwickeln
Die aktuelle Ausbaulücke muss eingedämmt werden. Parallel wird es mit Blick auf die Ausbauziele bis 2030 und 2040 erforderlich sein, Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland zu erhalten und die Attraktivität des deutschen Offshore-Wind-Marktes nachhaltig zu stärken. Hierfür müssen zum einen schnellstmöglich freie Potenziale erschlossen und zum anderen attraktive und verlässliche Investitionsbedingungen geschaffen werden. „In einem zunehmend international ausgerichteten Markt hat Deutschland ansonsten schlechte Karten“, mahnen die Branchenorganisationen. Die Politik sollte kurzfristig verfügbare Potenziale nutzen, um den negativen Wertschöpfungs- und Beschäftigungstrend mit Bauaktivitäten, Qualifzierungsmaßnahmen und einer passgenauen Export- und Forschungs-Offensive umzukehren und positiv zu verstetigen. Es geht darum, heute Beschäftigung abzusichern und die Stärken der bundesweit aufgestellten Offshore-Windindustrie auch für bevorstehende Herausforderungen, wie den Aufbau einer „grünen“ Wasserstoffwirtschaft, nutzbar zu machen.
Darüber hinaus muss das Marktdesign für Offshore-Windenergie weiterentwickelt werden, um sowohl Verbraucher als auch Wirtschaft zu entlasten und einen verlässlichen Investitionsrahmen für nationale und internationale Investoren aller Akteursgruppen zu schaffen.
Ausbaupläne für „grünen“ Wasserstoff konkretisieren
Technologien zum Aufbau einer „grünen“ Wasserstoffwirtschaft zusätzlich zur Elektrifizierung durch Strom aus Offshore-Wind ist eine Chance für den Energieanlagenbau in Deutschland – auch für den Export. Daher müssen die Grundlagen dafür jetzt gelegt werden. Klar ist aber auch, dass die aktuelle Ausbaulücke damit allerdings nicht kompensiert werden kann. Für die im vergangenen Jahr formulierten Ausbauziele für Offshore-Wind in Verbindung mit grünem Wasserstoff bis 2040 müssen schnellstmöglich zusätzliche Flächen in Nord- und Ostsee definiert werden. Auf den bislang für die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf See vorgesehenen – und bisher nicht per Kabel oder Pipeline angebundenen – Flächen ist eine wirtschaftliche Erzeugung grünen Wasserstoffs nicht möglich, um einen hohen Beitrag zum Wasserstoffziel von 5 GW bis 2030 in Deutschland zu leisten. Konkurrierende Nutzungsinteressen der Schifffahrt, der Marine und des Naturschutzes müssen im Klimaschutzinteresse gelöst werden, um das Erreichen der definierten Ziele sicherzustellen. Hierfür bietet sich der von der EU-Kommission entwickelte Ko-Nutzungsansatz an, dem zufolge der knappe Meeresraum – wenn möglich – von mehreren Akteuren gleichzeitig genutzt werden soll. Diese Idee lässt sich weiterentwickeln und sollte auch in Deutschland vermehrt zur Anwendung kommen. „Für uns steht fest, dass in der deutschen Nord- und Ostsee Kapazitäten von weit über 50 GW Offshore Wind erforderlich und auch machbar sind. Aktuelle Gutachten sprechen von 54 und 57 GW Ausbaupotenzial.* Da der Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig für langfristigen Artenschutz ist, müssen hier dringend Kompromisse gefunden werden. Der aktuelle Entwurf des Raumordnungsplans ist dafür ein guter Anfang“, erklären die Branchenorganisationen.
Zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie muss die Politik außerdem eine marktwirtschaftliche Grundlage für grünen Wasserstoff schaffen und diese auch auf europäischer Ebene einfordern. Der Rahmen für die EEG-Umlagebefreiung grünen Stroms bei der Wasserstofferzeugung bildet dafür einen guten Ansatz, auf den zusätzliche Schritte folgen müssen: Ein verbindliches Mengenziel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Offshore-Windenergie und verlässliche Vergabemechanismen. Um das gesetzte Ziel des Markthochlaufs bei Wasserstoff zu erreichen, ist die Verbindung der Wasserstofferzeugung mit dem Ausbau von Windenergiekapazitäten auf See dringend notwendig.
Ziel bis 2030 erhöhen, Ziele für 2045 und 2050 vorlegen
Das neue Ziel der Bundesregierung, bis zu Jahr 2045 die Klimaneutralität zu erreichen, sollte mit konkreten Ausbauzielen für Offshore-Wind und grünen Wasserstoff untermauert werden, gefolgt von einem Ziel bis 2050. Dieses Ziel sollte im Einklang mit Bedarfsprognosen für Ökostrom und grünen Wasserstoff sowie dem Ziel der EU stehen, die Offshore-Windenergie bis 2050 auf 300 GW auszubauen. Dies ermöglicht eine Planung, die durch europaweite und internationale Kooperationen weiterentwickelt werden kann.
*Kurzlinks zu den Gutachten: https://bit.ly/3wAXbca /https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/pressemitteilungen/2017/20171212-studie-erneuerbare-gase.pdfhttps://bit.ly/3i2RZbN
Foto: © WAB/WindMW Service GmbH
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