Mehr Wind auf See für "grünen" Wasserstoff muss jetzt umgesetzt werden

Bremerhaven, 18. November 2021. Der Bedarf an „grünem“ Wasserstoff wird kurzfristig und rasant steigen, vor allem in der energieintensiven Industrie. Darin waren sich die Expertinnen und Experten auf dem 12. Wind- und 2. Wasserstoffgipfel des WAB e.V. und des Presseklubs Bremerhaven-Unterweser einig. Um die sich daraus ergebenden Chancen für Wertschöpfung und Beschäftigung zu nutzen, müssen die Erneuerbaren Energien, allen voran die Windenergie, deutlich schneller ausgebaut werden.

"Die Kombination aus Windenergie und 'grünem' Wasserstoff muss jetzt praktisch umgesetzt werden, auch wenn die Begleitung durch die Forschung maßgeblich bleibt", stellte WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler fest, die in ihrem Beitrag auf die Perspektiven für Windenergie und "grünen" Wasserstoff in Deutschland und Europa einging. Wichtig sei es nun, noch schneller zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu kommen. Dafür sollte zum Beispiel das Bundeswirtschaftsministerium größere Flächen in der deutschen Nordsee für die Produktion von "grünem" Wasserstoff aus Windenergie ausschreiben. Als handelnde Akteurin der Norddeutschen Wasserstoffstrategie kritisierte sie die noch fehlende Finanzierung dieser Aktivitäten für kleine und mittelständische Unternehmen.

Welches Potenzial die Wasserstoffwirtschaft für Cuxhaven bietet, hat das deutsch-norwegische Unternehmen Kongstein untersucht - ebenso wie den optimalen Transportweg des Wasserstoffs aus einem deutschen Offshore-Windpark bis zu einem Stahlwerk, wo er für die klimafreundliche Stahlproduktion eingesetzt werden kann. Kongstein-Experte Thore Schreiber empfiehlt, zunächst auf den schiffsbasierten Transport von Wasserstoff zu setzen. Dies sei sehr viel schneller möglich als per Pipeline und biete mehr Flexibilität, bis klarer sei, wo wie viel Wasserstoff benötigt werde. Noch sei Wasserstoff aus heimischer Produktion teurer, hat Kongstein errechnet. Als lokales Produkt biete "grüner" Wasserstoff aus der Nordsee aber Vorteile, etwa die für die Industrie wichtige sichere Versorgung.

Welche Dimensionen ein Umstieg auf eine klimaneutrale Energieversorgung auf der Basis von grünem Wasserstoff hat, erläuterte Dr. Carsten Bührer, Head of Technology bei der PNE AG mit Sitz in Cuxhaven. Da Wasserstoff "nur" eine Speicherlösung sei, benötige dessen Herstellung sehr große Mengen an erneuerbarer Energie, langfristig "deutlich größer als kürzlich noch vom Bundeswirtschaftsministerium dargestellt", sagte Bührer.

Wasserstoff aus bis zu 5GW an installierter Windenergieleistung will das AquaVentus-Konsortium bis 2030 in der Deutschen Bucht produzieren, gefolgt von 10 Gigawatt bis 2035. Windenergie, so der Plan, soll dabei auf See in Wasserstoff umgewandelt werden. Ob dezentral an einzelnen Windturbinen, oder zentral auf einer Plattform, werde noch entschieden, so AquaVentus-Projektingenieur Sebastian Föllner.

Welche gesetzlichen Vorgaben derzeit noch den schnellen Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft behindern, zeigte Rainer Heidorn, Partner bei der Kanzlei Blanke Meier Evers in Bremen. "Es geht darum, Unsicherheiten für Investoren zu beseitigen", erläuterte der Jurist. So seien eine einheitliche Definition für grünen Wasserstoff und ein entsprechendes Herkunftsnachweissystem für klimafreundlichen Strom notwendig, ebenso die Frage, wie Anlagen zur Wasserstoffproduktion von Nebenanlagen abgegrenzt werden.

Über den Stand des Forschungsprojekts "Grüner" Wasserstoff für Bremerhaven berichtete Kevin Schalk, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme in Bremerhaven. Auf dem Projektgelände am ehemaligen Flugplatz Luneort werden im kommenden Jahr zwei Elektrolyseure installiert, die zunächst im Jahresmittel rund 400 Kilogramm Wasserstoff pro Tag produzieren sollen. Wie in Bremerhaven baut die Fraunhofer-Gesellschaft auch an anderen Standorten ihre Wasserstoffaktivitäten aus. Schwerpunkt des Bremerhavener Instituts ist die Frage, wie sich Windenergie und Wasserstoff in das Energiesystem integrieren lassen.

Der Europaabgeordnete David McAllister betonte in seiner Videobotschaft für den 12. Wind- und 2. Wasserstoffgipfel der WAB und des Presseklubs die europäische Dimension der Energiewende. Der Green Deal der Europäischen Kommission sehe einen Ausbau der Elektrolysekapazitäten in Europa auf 6 Gigawatt bis 2024 vor, gefolgt von 40 Gigawatt bis 2030. Dies ermögliche es Europa, eine globale Führungsrolle in der Wasserstoffwirtschaft einzunehmen - unter der Voraussetzung, dass erneuerbare Energien in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.

Die Ausgestaltung der Förderprogramme für den Umstieg auf Wasserstoff war eines der Themen der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Heike Winkler und Stefan Hackenberg, stellvertretende Vorsitzende des Presseklub. So sei eine höhere Förderquote der durch Wasserstoff verursachten Mehrkosten notwendig, um mehr Firmen zum Einstieg zu bewegen, waren sich der H2BX-Vorsitzende Claas Schott und das Wasserstoff-Liga Gründungsmitglied Axel Schneider einig

Die Kombination aus erneuerbarer Energie und Wasserstoff hat nach Ansicht von wind:research-Geschäftsführer Dirk Briese ein großes Wertschöpfungspotenzial und "das Zeug zum Jobmotor". Industriepolitisch betrachtet würden allerdings auch andere Regionen um Ansiedlungen werben. Die Transformation des Energiesystems sei eine riesige Aufgabe. Eine wichtige Frage sei, wo sich die energieintensive Industrie ansiedle, so Briese.

"Für uns war es ein spannender, informativer Abend, der unseren Horizont erweitert hat und uns gezeigt hat, welche Möglichkeiten grüner Wasserstoff bietet! Der Gipfel hat unter Beweis gestellt, dass sich Politik und Wirtschaft sich gerade im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Machbarkeit bewegen. Wohin der Zug fährt, muss sich allerdings sehr schnell zeigen", sagt Stefan Hackenberg, zweiter Vorsitzender des Presseklubs Bremerhaven-Unterweser und Ko-Moderator des Gipfels.

Der 12. Wind- und 2. Wasserstoffgipfel wurde veranstaltet von WAB e.V. und dem Presseklub Bremerhaven-Unterweser e.V. (www.presseklub-bremerhaven.de)

Über WAB e.V.

Die WAB mit Sitz in Bremerhaven ist bundesweiter Ansprechpartner für die Offshore-Windindustrie, das Onshore-Netzwerk im Nordwesten und fördert die Produktion von "grünem" Wasserstoff aus Windstrom. Dem Verein gehören rund 250 kleinere und größere Unternehmen sowie Institute aus allen Bereichen der Windindustrie, der maritimen Industrie sowie der Forschung an. www.wab.net

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