Trotz Ausbaulücke – Offshore-Windenergiebranche in Deutschland mit positiven Zukunftsaussichten

  • Im 1. Halbjahr 2020 lediglich 219 MW Offshore-Windenergie-Zubau in Deutschland, Gesamtleistung beträgt zum 30. Juni 7.760 MW.
  • Branche begrüßt langfristige Planungssicherheit mit erhöhten Ausbauzielen bis 2040 und fordert volkswirtschaftlich effizientes Vergütungsmodell.
  • Anreizsystem für Markthochlauf von grünem Wasserstoff schaffen.
  • EU-Ratspräsidentschaft und Nordseekooperation: Grundstein für grenzüberschreitende Offshore-Windprojekte legen.
  • Offshore-Windenergie wird signifikanten Beitrag zu „Green Recovery“ leisten

Berlin/Bremerhaven, 17. Juli 2020 – „Besonders vor dem Hintergrund des geringen Zubaus begrüßen wir, dass durch die Verankerung der 20 GW Offshore-Windenergie bis 2030 und 40 GW bis 2040 nun langfristige Planungssicherheit geschaffen wird. Mit den erhöhten Ausbauzielen stärkt die Offshore-Windenergie den Klimaschutz und schafft wirtschaftliche Entwicklung“, kommentieren die Branchenorganisationen BWE, BWO, VDMA, WAB und die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE die heute von der Deutschen WindGuard veröffentlichten Offshore-Ausbauzahlen.

Wie bereits Anfang des Jahres prognostiziert, wurden im ersten Halbjahr 2020 lediglich 32 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 219 MW an das deutsche Netz angeschlossen (für 1 der OWEA wurde im MAStR abweichend der 1. Juli 2020 als Inbetriebnahmedatum gemeldet). Dieser Wert entspricht rund 11 Prozent der installierten Leistung von 2 GW, welche die heimische Wertschöpfungskette im Jahr 2015 realisieren konnte. Damit liefern in Deutschland nach aktuellem Stand 1.501 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 7.760 MW zuverlässig Offshore-Windstrom. Das Ausbauziel der Bundesregierung für 2020 wurde bereits im 1. Halbjahr erreicht.

„Nicht zuletzt aufgrund der langen Vorlaufzeit von Offshore-Windparks haben wir lange davor gewarnt, dass uns eine Ausbaulücke bevorsteht. Nun stecken wir mitten drin. Die Herausforderung besteht jetzt darin, diese Ausbaulücke so klein wie möglich zu halten und den Heimatmarkt für Offshore-Windenergie wieder nachhaltig und dauerhaft zu stärken. Neben der gesetzlichen Verankerung der Langfristziele gehört dazu auch die schnellstmögliche Ausschreibung der verfügbaren Flächen sowie die Wahl eines volkswirtschaftlich effizienten Vergütungssystems für zukünftige Offshore-Windprojekte“, so die Branchenorganisationen. Die Grundlage dafür sollte zügig nach der Sommerpause und im Dialog mit der Branche geschaffen werden.

Differenzverträge sind volkswirtschaftlich effizient

Wie auch der Bundesrat, spricht sich die Branche dafür aus, die Einführung von Differenzverträgen ernsthaft zu prüfen und unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder zu diskutieren. Dieses Modell gibt es bereits in anderen europäischen Ländern – beispielsweise in Großbritannien, Frankreich, Italien und Dänemark. Es würde also auch grenzübergreifende Ausschreibungen vereinfachen.

„Die in der Änderung des WindSeeG vorgesehene zweite Gebotskomponente erhöht hingegen die Investitionskosten und somit auch die Stromgestehungskosten“, so die Branchenorganisationen. Für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Krise sind international wettbewerbsfähige Strompreise jedoch von großer Bedeutung. Ansonsten droht ein weiterer Verlust wichtiger Arbeitsplätze sowie „Carbon Leakage“ durch Abwanderung deutscher Industrieunternehmen ins Ausland.

Anders als die zweite Gebotskomponente könnten Differenzverträge die Realisierung von Offshore-Windprojekten sichern und so zur Erreichung der nationalen sowie europäischen CO2-Minderungsziele beitragen. „Dabei gilt es zu prüfen, ob eine Verbindung mit Power Purchase Agreements (PPA) oder sonstigen Vermarktungsformen und damit eine Weitergabe der grünen Eigenschaft möglich ist. Derart ausgestaltete Differenzverträge sorgen für einen kosteneffizienteren Ausbau der Offshore-Windenergie, verhindern in Verbindung mit wettbewerblichen Ausschreibungen eine Überförderung und gewährleisten langfristig niedrige und stabile Stromkosten“, argumentieren die Branchenorganisationen. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gehen davon aus, dass die Stromgestehungskosten durch Differenzverträge um etwa 30 Prozent gegenüber den aktuell vorgelegten Vorschlägen des BMWi gesenkt werden können.

Offshore-Windenergie hervorragend zur Produktion von grünem Wasserstoff geeignet

Die Verbände begrüßen den in der nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) angelegten Hochlauf im Heimatmarkt und unterstreichen, dass der Offshore-Windenergie hierbei eine Schlüsselrolle zukommt. „Mit ihren hohen Volllaststunden ist Offshore-Windenergie hervorragend zur Produktion von grünem Wasserstoff geeignet“, erklären die Branchenorganisationen. Da eine direkte Elektrifizierung nicht in allen Sektoren technisch oder wirtschaftlich realisierbar ist, sind synthetische Energieträger auf Basis erneuerbarer Energien ein unverzichtbares Element zur Erreichung der Klimaziele.

„Mit der NWS eröffnet sich die Chance, etwa 3 GW Offshore-Windenergie zur Produktion von grünem Wasserstoff zu nutzen. Hierfür müssen möglichst zügig zusätzliche Flächen voruntersucht und ausgeschrieben werden“, so die Branchenorganisationen. Das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) hat im Vorentwurf des Flächenentwicklungsplans die ersten beiden Flächen für Power-to-X in Nord- und Ostsee benannt. Der Beginn des Vergabeverfahrens für diese Flächen sollte 2021 sein. Auch hier muss ein Anreizsystem mit effizienten Abgabe- und Umlagemechanismen entwickelt werden, um einen schnellen Markthochlauf von grünem Wasserstoff in Deutschland herbeizuführen.

Voraussetzungen für grenzüberschreitende Offshore-Projekte schaffen

Im Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wird Offshore-Windenergie ebenfalls als wichtige Säule der „Green Recovery“ und der Energiewende anerkannt. Da Deutschland seit Jahresbeginn zusätzlich den Vorsitz der Nordseekooperation innehat, bietet das kommende halbe Jahr gute Voraussetzungen, um den Grundstein für grenzüberschreitende Offshore-Windprojekte zu legen.

„Die internationale Vernetzung von Offshore-Windparks ist eine strategische Aufgabe, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Initiative zur maritimen Raumplanung ist hier aus unserer Sicht ein entscheidender erster Schritt“, erklären die Branchenorganisationen. Es braucht jetzt eine zügige Festlegung, welche Flächen für grenzüberschreitende Projekte geeignet sind, um darauf aufbauend den Investitionsrahmen zu klären.

Offshore-Windenergie wird signifikanten Beitrag zu „Green Recovery“ leisten

„In der Nord- und Ostsee sind die Potenziale noch nicht ausgereizt. Dazu zählen auch verfügbare Flächen und freie Netzkapazitäten in Höhe von 1.860 MW, die kurzfristig vergeben werden könnten. Wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden, werden diese nicht nur einen signifikanten Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise leisten, sondern darüber hinaus auch in hohem Maße zur Erreichung der Klimaziele und zur Versorgungssicherheit während der Energiewende beitragen“, kündigen die Branchenverbände an.

 

Über die jährlichen Zahlen „Status des Offshore-Windenergieausbaus in Deutschland“

In der Analyse der Deutschen WindGuard werden seit 2012 die Ausbauzahlen für die Windenergie auf See gesondert von jenen der Windenergie an Land erhoben. Die Auftraggeber sind der Bundesverband WindEnergie (BWE), der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e.V., die Stiftung Offshore-Windenergie, der VDMA Power Systems und der WAB e.V.

Über den Bundesverband Windenergie e.V. (BWE)

Als Mitglied im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vertritt der BWE mit seinen über 20.000 Mitgliedern die gesamte Windenergiebranche. Gemeinsam sorgen die im deutschen Maschinenbau verankerte Zulieferer- und Herstellerindustrie, Projektierer, spezialisierte Rechtsanwälte, die Finanzbranche sowie Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Bau, Service/Wartung sowie Speichertechnologien, Stromhändler, Netzbetreiber und Energieversorger dafür, dass der BWE zu allen Fragen rund um die Windenergie erster Ansprechpartner für Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Medien ist.

Über den Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore e.V. (BWO)

Der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) vertritt alle Unternehmen, die in Deutschland Offshore-Windparks planen, errichten und betreiben. Der BWO ist der zentrale Ansprechpartner für Politik und Behörden auf Bundesebene zu allen Fragen der Offshore-Windkraft.

Über die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE

Ziel der Stiftung ist es, die Rolle der Offshore-Windenergie in Deutschland und Europa zu festigen und ihren Ausbau im Interesse von Umwelt- und Klimaschutz voranzutreiben. Sie hat sich als eine überparteiliche, überregionale und unabhängige Organisation der gesamten Offshore-Windenergiebranche etabliert und agiert als Kommunikationsplattform für Akteure aus Politik, Wirtschaft und Forschung. Die Stiftung dient dem Wissensaustausch und versteht sich als Impulsgeber für neue Initiativen

Über VDMA Power Systems

VDMA Power Systems ist ein Fachverband des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA e.V. Der Fachverband vertritt im In- und Ausland die Interessen der Hersteller von Windenergie- und Wasserkraftanlagen, Brennstoffzellen, Gas-/Dampfturbinen und -anlagen sowie Motorenanlagen. Für sie alle dient VDMA Power Systems als Informations- und Kommunikationsplattform für alle Themen der Branchen wie Energiepolitik, Gesetzgebung, Marktanalysen, Messen, Normung, Standardisierung sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Über die WAB (e.V.)

Die WAB mit Sitz in Bremerhaven ist bundesweiter Ansprechpartner für die Offshore-Windindustrie, das
Onshore-Netzwerk im Nordwesten und fördert die Produktion von „grünem“ Wasserstoff aus Windstrom. Dem Verein gehören mehr als 250 kleinere und größere Unternehmen sowie Institute aus allen Bereichen der Windindustrie, der maritimen Industrie sowie der Forschung an.

Kontakt: Heike Winkler | Geschäftsführerin WAB e.V. | +49 151 158 439 24 | heike.winkler @ wab.net

Foto: Trianel Windpark Borkum II / Matthias Ibeler